Wiederentdeckung der Langsamkeit – Detox in der Schweiz
In diesem Hotel spürt man sie: die Magie der kleinen Dinge. Altehrwürdige Zimmerschlüssel, die schwer in der Hand liegen. Leckere getrocknete Aprikosen, die am Rand des Pools bereitstehen. Aufmerksame Angestellte, die sich am Sonntag noch daran erinnern, auf welcher Route der Gast am Donnerstag angereist ist.
Detox im Schweizer Wellnesshotel
Ich bin im Grand Hotel Kronenhof in Pontresina. Hier im Engadin, wo die eh schon teure Schweiz besonders teuer ist – dafür aber auch besonders schön und mit einer ganz eigenen, dezenten Eleganz. Kein Protz, sondern schlichter Stil. Auch so kann Detox funktionieren. Detox als die Wiederentdeckung der Langsamkeit.
Zeit zum Genießen
Der Kronenhof versteht sich als Genießer-Hotel. In dieser Region in den Schweizer Alpen, die so sehr vom Wintersport geprägt ist, von rasanten und burschikosen Abfahrten, geht’s diesem Fünf-Sterne-Haus grad um die Wiederentdeckung der Langsamkeit. Man spürt das vom ersten Augenblick an. Die Anfahrt durch den herrschaftlichen Hof mit seinem Kopfsteinpflaster, die ersten Schritte hinein in die ebenso weitläufige wie heimelige Lobby, die dicken Teppiche: Das alles steht für ein klassisches Grand-Hotel.
Keine Fassade, nichts Aufgesetztes
Und genau so setzt es sich auch im Zimmer fort. Mein wichtigster Eindruck beim Eintreten: keine Fassade, nix Aufgesetztes, da ist alles echt. Was wie Holz aussieht, ist Holz, was wie Metall aussieht, ist Metall. Auf dem Tischchen vor dem Bett steht frisches Obst für mich bereit, das Besteck daneben ist akkurat ausgerichtet. Ich mag die Optik des Zimmers: Grün, Weiß und verspiegelte Flächen. Das dominiert den Raum nicht, das verleiht ihm Größe – und zwar trotz der dicken, schweren Vorhänge…
Die Vielfalt der Geschmäcker
Spannend finde ich: Der Kronenhof bietet eine Vielzahl verschiedener Zimmer an, nicht nur bezogen auf die Größe. An Ausstattung und Farbgestaltung gibt’s da alles Mögliche, vom schlicht eleganten Anti-Allergiker-Raum bis hin zum klassischen Schweizer Zimmer mit viel Holz und edel-dunkleren Farben. Die Damen und Herren von der Reservierungs-Abteilung kennen sich gut aus – und sind stolz darauf, dass sie bei der telefonischen Beratung mit hoher Treffsicherheit den passenden Raum für jeden Gast finden.
Kulinarik von elegant bis locker
Wer ein bisschen länger bleibt und sich ein wenig umschaut, der stellt fest: Die Sache mit der Vielfalt setzt sich auch in anderen Bereichen fort, zum Beispiel in Sachen Kulinarik. Im hauseigenen Grand Restaurant geht’s klassisch zu: Der Herr trägt hier gemäß Dresscode bitteschön Jackett, wenn er unter dem hellen, bemalten Gewölbe Platz nimmt und dann sein Gala-Menü genießt. In diesem Raum wird auch das Frühstück serviert, das perfekt temperierte Wasser für den Tee kommt im Silberkännchen…
Genauso edel, aber gleichzeitig deutlich lockerer empfinde ich es im Gourmet Restaurant Kronenstübli, das ebenfalls zum Hotel gehört. Mit den verschiedenen Ebenen und den vielen langen Gängen des Hauses ist für den Weg vom Zimmer zum Stübli allerdings ein wenig Orientierungssinn gefragt. Die Belohnung dafür ist dann erstklassiges Essen in gemütlicher Atmosphäre. Wer das Besondere sucht, kann den Klassiker des Hauses bestellen: Ente nach Rouen-Art, bei der die Karkasse nach dem Filetieren in einer speziellen Presse ausgepresst wird, zur Verfeinerung der Sauce. Wer’s weniger ausgefallen mag, wird an den sonstigen Küchenkünsten seine Freude haben. Nicht überkandidelt, aber immer mit dem Antrieb zur Perfektion. Logische Folge sind 16 Punkte beim Gourmet-Führer Gault-Millau… Was mir gefällt: Trotz dieses Anspruchs ist es hier nicht steif, die Ober sind ebenso humorvoll und entspannt wie kompetent.
Wander-Paradies um Pontresina
Und dann, irgendwann, merkt man: Hoppala, jetzt hab ich aber ganz schön viel gegessen… Aber: kein Problem, die Kalorien wieder runterzubekommen. Im Winter zum Beispiel mit Skifahren und Langlaufen – aber das ist noch lang nicht alles. Besonders schön für mich: Die Gegend ist, als hätte man einen Landschaftsarchitekten gebeten, das perfekte Wandergebiet zu gestalten. Berge, Seen, Wald, Wiesen, wunderschön… Zum Beispiel dieser Weg hier: Ich fahre mit der Bahn hoch nach Muottas Muragl, genieße dort oben den fast unwirklich schönen Blick über Moritzer- und Silvaplana-See – und gehe dann eine Runde auf dem Bergrücken.
Wer mag, kann von hier aus den Panoramaweg nehmen und in einem mehrstündigen Fußmarsch wieder runter nach Pontresina gehen. Wer nicht ganz so ambitioniert ist, nimmt einfach wieder die Bahn nach unten. Nicht so weit oben, aber genauso schön ist der Weg zum Stazer See. Der liegt auf halbem Weg zwischen Pontresina und St. Moritz – ungefähr eine Dreiviertelstunde ist das vom Hotel aus zu Fuß. Etwas Besonderes ist die Wanderung dorthin in den frühen Morgenstunden.
Selbst dann, wenn die Sonnenaufgangswanderung – wie in meinem Fall – wegen dichter Bewölkung ohne Sonnenaufgang stattfindet… Der ruhige Spiegel des Sees, der alte, schiefe Steg, die Kulisse der Berge: Wer hier geht, sitzt und schaut, der kann gar nicht anders als bei sich sein.
Stand-up-Paddling mit Bergblick
Nicht ganz so beschaulich, dafür aber ein bisschen sportlicher geht es am Moritzersee zu. Hier, an einem der mondänsten Orte der Alpen. Hier, wo sich im Winter die Superreichen bei Polo auf dem Eis vergnügen…
Hier habe ich bei etwas höheren Temperaturen und zum Glück ohne Pferd meinen Spaß – beim Stand-up-Paddling mit Blick in die Berge. Ein wenig wacklig zwar bei dem Gedanken, dass diese „etwas höheren Temperaturen“ immer noch bedeuten, dass der See knackige elf Grad hat. Aber der Lohn für den Mut: das sanfte Gleiten mit der Aussicht auf den goldenen Berg-Herbst.
Überhaupt: Der Herbst ist eine gute Wahl für Leute, die das Engadin kennenlernen möchten. Die Bäume zaubern einen bunten Traum in die Täler – und es sind weniger Touristen da als zur Hochsaison im Winter oder Sommer. Aber obacht: Viele Hotels – wie auch der Kronenhof – haben Schließ-Zeiten in der Nebensaison, deshalb gut planen!
Zuckergipfel und Sonnenblick
Das Engadin mit seinen überzuckerten Gipfeln, mit dem vielen Grün ohne Autobahn und mit seinen überdurchschnittlich vielen Sonnentagen wirkt genau so, wie man sich die pure Schweiz vorstellt. Für mich hat das die logische Folge: Ich bin viel, viel draußen, genieße diese Landschaft, die mich immer wieder von Neuem schauen lässt. Und immer wieder darf ich auch lächeln über die Schilder, die mich auf „Stübli“ und „Gärtli“ in der Nähe hinweisen. Aber dann, irgendwann, wird mir doch ein wenig frisch im Engadiner Herbst, trotz Daunenjacke. Kein Wunder eigentlich, denke ich mir – schließlich liegt Pontresina auf 1800 Metern.
Macht aber nichts, ich kann mich ja aufwärmen – zum Beispiel im schönen Spa-Bereich des Kronenhofs. Im großen Innen-Pool spiegeln sich die majestätischen Berge, im leicht esoterischen Floating-Becken erschaffen Licht und Klang eine eigene Welt. Und Sauna wie Dampfbad bringen mich wieder so richtig auf Temperatur.
Weitere Entspannung gefällig? Dann wäre eine Massage angeraten – zum Beispiel eine klassische Rückenmassage, eine Haki-Purna-Ganzkörperbehandlung oder eine der vielen anderen Anwendungen des Hauses. Das Repertoire der Therapeuten ist vielfältig, und sie arbeiten ebenso aufmerksam wie kompetent. Mehr als nur einmal höre ich die Nachfrage, ob Temperatur, Lautstärke der Entspannungsmusik und Intensität der Massage angenehm für mich sind.
So wirkt sie denn auch vielfältig, diese Anwendung: Die Entspannung sickert nicht nur in die Muskeln, sondern auch in die Seele. Danach mag ich einfach nur ein bisschen sitzen und bei einer Tasse Tee wieder in die Welt zurückfinden. Auch das ganz langsam, in meinem eigenen Tempo.
Angenehm am Limit beim Personal Training
Weil wir aber von der Vielfalt sprachen: Es gibt in diesem Haus natürlich auch temporeichere Methoden, was für seinen Körper zu tun. Das Fitnessstudio ist gut ausgestattet – und wer mag, kann sich im Personal Training ganz gezielt in Form bringen lassen. Auch das probiere ich aus. Und die Trainerin zeigt mir charmant, wie schnell man sich mit zwei einfachen Schlingen, die von der Decke hängen, an seine Grenzen bringen kann… Nach einer Stunde bin ich angenehm ausgearbeitet, freue mich auf die Dusche im edlen, hellen Bad meines Zimmers. Auf das Abendessen, das mir die Energiespeicher wieder auffüllen wird. Auf entspannenden Schlaf mit dem Wissen, dass ich beim Aufwachen am nächsten Morgen die Berge sehen werde.
Ich merke: Zur Entdeckung der Langsamkeit gehört auch das Erleben, dass die Tage ganz schön schnell vergehen. Dass es schon bald an der Zeit sein wird, auszuchecken und den schweren Schlüssel wieder abzugeben. Jenen Schlüssel, an dem ein langer, blauer Bommel hängt. Und weil dieses Hotel tatsächlich nach Perfektion strebt, werden auch diese Bommel gepflegt – mit Hingabe, mit Zahnbürste und Kinderkamm. Da ist sie wieder: die Magie der kleinen Dinge. Meine ganz persönlichen Detox-Momente in der Schweiz.
Kleine Anmerkung am Rande. Detox lässt sich im Grand Hotel Kronenhof auch wörtlich nehmen. Denn bei einem spezielles Detox Arrangement wird das Handy eingeschlossen und der Fernseher aus dem Zimmer entfernt. Soweit allerdings wollte ich diesmal nicht gehen 😉
Für die WellSpa-Portal Recherche war meine liebe Kollegin Sylvia auf Einladung des Grand Hotel Kronenhof in der Schweiz. Ihre Meinung wurde davon in keinster Weise beeinflusst.
Hallo,
Digital Detox – ich glaube das muss ich mir auch mal verordnen;) in dieser tollen Umgebung, sowohl landschaftlich als auch im Hotel kann ich mir das ganz wunderbar vorstellen. Sportlich auspowern, dann Sauna und Massage und dann noch gut Essen, das hört sich nach dem perfekten Programm an! Danke für die Inspiration!
Vg Simone
Das Engadin ist an sich schon ein Traum, und dann in einem so schönen Hotel! Wow, das liest sich wunderbar entspannend. Detox als die Wiederentdeckung der Langsamkeit – der Ansatz gefällt mir.
Danke für den schönen Bericht, der Lust auf Wellness in der Schweiz macht.
Liebe Katja,
das klingt mal wieder absolut traumhaft. Deine Bilder und eine Beschreibungen machen absolut Lust auf mehr. Am liebsten würde ich sofort in die Schweiz reisen, und es mir im Wellnesshotel richtig gemütlich zu machen. Mir gefällt die Authentizität, die du beschreibst.
Die Landschaft sieht ebenfalls traumhaft aus und ruft nach einem Spaziergang. Wirklich traumhaft. Ich danke dir für diesen wundervollen Entschleunigungstipp. 😉
Viele liebe Grüße
Kathi
Liebe Kathi,
genauso soll es sein. Du darfst beim Lesen „Vertraumreisen“ und dann auch gerne die Tipps zum Nachreisen nutzen 🙂
Ãœbrigens, wenn du in die Gegend kommst, SUP auf dem See – der Tipp 🙂
Liebe Grüße
Katja
Nach deinem Bericht möchte ich sofort das Grand Hotel Kronenhof buchen. In der Schweiz hat das Hotel ja sowieso einen gewissen Bekanntheitsgrad.
Ich war bereits im Engadin in den Ferien, aber nur in einer einfachen Ferienwohnung.
Ich bin zwar Schweizerin, aber ich habe es tatsächlich noch nie geschafft, den goldenen Herbst in Graubünden zu verbringen.
Liebe Helga,
das klingt doch nach einem wunderbaren Plan. Also dann, Indian Summer in Graubünden 🙂