Wachstumsschmerzen – Freiheit will gelernt sein
Was bin ich? Ein getriebener Nomade, ein wunschloser 9to5 Angestellter – oder eher eine glücksuchende Wellness-Bummlerin!
Tanja von Reiseaufnahmen hat sich in ihrer Blogparade gefragt, was den Menschen glücklich macht: 9-to-5-Leben-oder den Job kündigen und ab in die Welt:
8 Stunden „Arbeit“ zu Ende…
Die Berufsform 9 to 5 Job kenne ich nur vom Hören sagen. Ich hatte vor meiner Selbstständigkeit meist nur Angestelltenverhältnisse mit narzisstischen Chefs, die unter bipolaren Störungen litten und das Lebensmotto vertraten: „Wer lacht, hat noch Kapazitäten!“ Einen gechillten Büroalltag mit pünktlichem Feierabend und netten Kaffeeklatsch am Nachmittag, kenne ich somit nur aus Filmen und von einigen meiner Freunde. Sie berichten mir von Tagen, an denen sie die ganze Zeit im Netz surfen, online einkaufen und sich eine Pause an die nächste reiht. Wenn ihre 8 Stunden „Arbeit“ zu Ende sind, schalten sie den Rechner aus und fahren nach Hause.
Rotieren auf vorgeschriebenen Bahnen
Ich lausche ihren Geschichten und weiß, wie sich die Menschen damals gefühlt haben, als ihnen verkündet wurde: Die Erde ist keine Scheibe! Dennoch würde ich heute nicht mehr mit ihnen tauschen wollen – ich mag meine Scheibe! Ihr Radius ist um ein Vielfaches größer als ihre Dicke. So genieße ich den weiten Horizont, ohne Gefahr zu laufen, verirrt im Kreis umherzuschwirren. Ich will nicht ständig rotieren, in einer vorgeschriebenen Bahn laufen und während meiner Tage immer den gleichen Planeten begegnen.
Selbstbestimmung im Büroalltag
Was ich seit meinem ersten Tag im Arbeitsverhältnis gesucht habe, war Selbstbestimmung. Meine Sachen nehmen zu können und dahin zu gehen, wo immer ich möchte. Aus meiner Unzufriedenheit im Büroalltag wuchs die logische Konsequenz der Selbstständigkeit als freie Redakteurin für online und offline Magazine. Kein einfacher Schritt und was nach dem ersten Schritt kommt, war noch viel schwieriger. Also erst mal nix mit: Job kündigen, ab in die Welt und glücklich sein.
Wenn Freiheit überwältigt
Bereits nach dem ersten Jahr als freie Redakteurin habe ich mich nach einer Struktur gesehnt. Ich war plötzlich gestresst von all meinen Möglichkeiten. Jede Sekunde meines Lebens lag plötzlich in meinen Händen. Meine neue Freiheit überwältigte mich. Ich drohte an meinen eigenen Anforderungen von Freizeit, Arbeit und Reisen zu scheitern. Viel zu lange habe ich in einer Welt gelebt, in der meine Freizeit fremdbestimmt war – von instinktivem Handeln keine Spur mehr. Wann stehe ich auf? Wann gehe ich schlafen? Wann esse ich? Wann arbeite ich? Wann gönne ich mir Pausen? Wann gehe ich auf Reisen?
In der Freiheit bewusstes Genießen vergessen
Gehetzt und getrieben von der Existenzangst und meinem Fernweh war mein Leben wieder eher Knechtschaft als Herrschaft. Ich habe zwischen dem ganzen Check-Points-Abhaken, Bilder und Notizen machen das bewusste Genießen vergessen. Ich habe mir sozusagen meine eigene Freiheit durch meine Selbstbestimmung genommen.
Der Weg zurück in die Selbstbestimmung ist nicht einfach und mit reichlich Wachstumsschmerzen verbunden ist. Ich habe für mich Strukturen geschaffen, gelernt „Nein“ zu sagen und erobere mir dadurch jeden Tag ein Stück mehr meiner Freiheit zurück.
Mein Job ermöglicht es mir hinaus in die Welt hinaus zu ziehen, was ich heute viel bewusster tue. Ich genieße es, unabhängig vom Wohnort arbeiten zu können und mein Büro an warmen Sommertagen einfach ans Meer zu verlagern. Ich leiste mir den Luxus auch einfach mal ein paar Tage Digitales Detox zu betreiben.
Ich wünsche mir alle Orte auf dieser runden Welt zu entdecken, bin doch aber heute immer wieder froh, für einen Augenblick auf mein Scheiben-Paradies zurückzukehren. Denn auch das habe ich durch meine Wachstumsschmerzen gelernt: Freiheit hat nichts mit der ewigen Suche, nach noch mehr Glück zu tun. Man kann die Ferne viel besser genießen, wenn man auch mal angekommen ist. Ich bin kein getriebener Nomade, kein wunschloser 9to5 Angestellter – ich bin eine glücksuchende Wellness-Bummlerin!
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Hallo Maike,
wie schade, dass du nie einen schönen 9 to 5 Job erleben durftest. Anderseits macht der vielleicht auch bequem und du wärest heute nicht in dieser wunderbaren Freiheit angekommen.
Danke für den Beitrag zu meiner Blogparade. Wie schön, dass du auf der Suche am Ende das gefunden hast, was dich glücklich macht.
Digital Detox klingt auf jeden Fall ziemlich gut und sollte ich auch mal öfters machen!
Viele Grüße
Tanja
Digitales Detox kann ich wirklich nur absolut jedem empfehlen 🙂
Und bei der Frage von nach dem 9to5 Job oder doch lieber das Digitale Nomadentum – hier schließe ich mich Maike komplett an.
Liebe Grüße an Elke und Tanja
Katja
Nur wer Freiheit als etwas Neues kennen gelernt hat, weiß wie schwierig es ist auch dem aus Kindertagen mitgebrachten und später selbst gebauten Gefängnis auszusteigen.
Meine größten Wachstumsschmerzen hatte ich ab einem Alter von 51 Jahren, gleichtzeitig ist und war dieser Prozeß mit unglaublichem Wohlgefühl und Stolz verbunden.
Wohl dem, der das „Risiko“ frei zu sein eingeht.
Eine schöne Anregung sich erneut Gedanken zu machen
Vielen Dank dafür und einen lieben Gruß
Elke