Kuriose Nacht im Schloss Neuhardenberg
Bei der Überlegung, wo man eine ganz besondere, einzigartige, spannende und kuriose Nacht verbringen kann, darf ein preußisches Schloss eigentlich nicht fehlen.
Architektin in einem modernen Märchen oder einmal Prinzessin.
Ungewöhnlich Übernachten Schloss – Viel preußischer geht nicht…
Das denke ich mir, als ich vor Schloss Neuhardenberg stehe. Geradlinig, schlicht, streng und beeindruckend: Diese Worte kommen mir in den Sinn zu dem eleganten Gebäude. Hier, mitten im Seenland Oder-Spree in Brandenburg, haben einst Feldherren gewohnt, die sich besonders um den König verdient gemacht hatten. Heute ist in dem weitläufigen Anwesen unter anderem ein Hotel untergebracht. Hier verbringe ich eine Nacht – und bin deutlich überrascht.
Denn: Man könnte ja eigentlich erwarten, dass man sich in einem Schlosshotel wie eine Prinzessin fühlt. Weit gefehlt! In Neuhardenberg bin ich eher die Architektin in einem modernen Märchen.
Das liegt vor allem an der schnörkellosen Gestaltung des Hauses. Von außen hat Baumeister Karl Friedrich Schinkel für klare, klassizistische Formen gesorgt – das war im 19. Jahrhundert. Und innen haben seine Nachfolger im 21. Jahrhundert bei einer aufwändigen Sanierung Hand angelegt.
Ohne Schnickschnack und Pomp
Die Hotelräume, die dabei entstanden sind, vermeiden allen Pomp und Schnickschnack. Nix plüschig, nix golden, alles nordisch-reduziert und schick. Das fällt besonders in den Galeriezimmern auf. Die Beleuchtung der Treppe mit Halogen-Spots aus der Wand erinnert etwas an ein Schwimmbad, folgt aber eben vor allem dem Konzept der Klarheit.
Und vom Obergeschoss aus, wo das Bett steht, habe ich Überblick über den ganzen Raum. Zum Wohnbereich unten gehört unter anderem ein „Relax-Chair“, bei dem man erst mal eine Portion technisches Verständnis braucht, bevor man mit dem Relaxen anfangen kann.
Ein Blick aus dem Fenster zeigt mir den Vorplatz des Hotels. Eine gepflegte Sandfläche, sicherlich groß genug für den Aufmarsch von Königen samt Armee. In der jüngeren Vergangenheit war immerhin schon Alt-Kanzler Gerhard Schröder da. Ob er auch in den großen, flachen Brunnen auf dem Vorplatz geschaut hat, so wie ich es jetzt tue? Dabei sehe ich Koi-Karpfen ihre ruhigen Bahnen ziehen. Und ich denke mir: Auch abgesehen von den Koi-Karpfen ist Ruhe hier ein prägender Begriff.
60 km sind eine andere Welt
Gerade mal 60 Kilometer Luftlinie sind es von Berlin bis nach Neuhardenberg im Märkischen Oderland – aber diese Distanz reicht für das Abtauchen in eine völlig andere Welt.
Ich schlendere mit hoteleigenem Regenschirm durch den Schlosspark, schon mal preisgekrönt als der schönste der ganzen Republik.
Nun: Wenn ich Sonne hätte statt des Dauerregens, könnte ich diese Schönheit vermutlich noch mehr wertschätzen. Auf der anderen Seite: Das Regenwetter beschert mir eine neue Erfahrung, wie es sich für ausgefallene Übernachtungsmöglichkeiten gehört.
Tatsache: An der Rezeption kann man sich Gummigaloschen ausleihen – Überzieher, um sich die Schuhe auf dem nassen Sand nicht zu versauen. Dabei fallen zwei Dinge auf: Es funktioniert, aber Gehen mit solchen Entenfüßen will gelernt sein… Ähnlich wie bei Schwimmflossen. Und danach bringt ein Besuch in der Sauna die Wärme zurück in den Körper.
Wer ein bisschen weiter rausgehen will als nur auf den Vorplatz oder in den Park, für den gibt’s hier in der Gegend viel, viel Natur.
Wasser wie den zauberhaften Klostersee mit eindrucksvoller Ruine nebenan. Wie die Oder und die Spree, beide nicht weit entfernt. Wälder und Wiesen sowieso.
Bemerkenswert ist außerdem die schier unüberblickbare Menge an Kriegsgedenkstätten – sie erinnern an die Opfer der grausamen Schlachten, die in diesem Landstrich im 20. Jahrhundert ausgetragen wurden, etwa an den Seelower Höhen. Da kann es schon mal passieren, dass man mitten im Ort unversehens vor einem historischen Sowjet-Panzer steht, der heute zum Frieden mahnt.
Die Schatten der Vergangenheit: Sie sind der Ruhe der Gegenwart gewichen
Mit dem Rad oder mit dem Kanu lässt sich die Gegend wunderbar erkunden. Wer sich Gedanken über die Abendgestaltung macht, hat die Wahl zum Beispiel zwischen einem spektakulären Sonnenuntergang an der Oder – oder Kultur.
Denn: Das Schloss, das mittlerweile zu einer Stiftung gehört, bietet ein hochkarätiges Programm von Lesungen bis hin zu Jazz-Konzerten. Die passende kulinarische Grundlage bietet das schlosseigene Restaurant: Brennerei mit feinen Kuchen am Nachmittag (Pflaumen-Streusel, wunderbar) und leckerer Küche am Abend (meine Empfehlung: Rösti mit Rucola, Schinken und Käse).
Spannend soll übrigens auch die Schinkelkirche im vorderen Bereich des Schlosses mit ihrem Sternenhimmel sein. Das hätte ich allerdings nur dann beurteilen können, wenn sie während meines Aufenthalts offen gewesen wäre. Naja, Ruhe eben.
Kleines Update. Ich war inzwischen wieder auf Entdeckertour im Seenland Oder-Spree . Die Schinkel Kirche besitzt wirklich einen Sternenhimmel, den ich persönlich aber nicht besonders schön fand. Wesentlich interessanter aber fand ich es, dass in einer Kirche das Herz des Fürsten von Neuhardenberg liegen darf. Aufbewahrt hinter dem Altar befindet es sich mumifiziert dort und wacht über seine Kirche.
Auf diesem Wege möchte ich mich ganz herzlich beim Schloss Neuhardenberg für die Einladung zu dieser (ent)spannten Zeitreise bedanken. Meine Meinung hat das in keinster Weise beeinflusst. —Weitere kuriose Übernachtungen gesucht?
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So hätte ich mir ein Schlosshotel auch nicht vorgestellt. Aber es gibt in diesen Regionen ja einiges zu entdecken, das unerwartet ist. Klasse finde ich die Gummigaloschen für Regentage.
Um ganz ehrlich zu sein hatte ich mir ein Schloss ganz anders vorgestellt. Wirklich plüschig und dunkler. Umso erstaunlicher diese Art der modernen, gradlinigen Übernachtung.
Und dank der Gummigaloschen freut man sich sogar über Regen 🙂
Wie immer wundervoll. Ich finde die Kombi aus Entspannung und Zeitgeschichte interessant. Da hat man auch was zu entdecken:)
Besonders das Thema „Gummigaloschen“ fand ich wirklich sehr amüsant 🙂 und wirkungsvoll
Das Zimmerdesign gefällt mir ziemlich gut – diese Gradlinigkeit mag ich sehr. Und in den Gummigaloschen würd ich auch gerne mal laufen. Die sehen echt interessant aus.
… 🙂 das kann ich mir nicht vorstellen 🙂 in Gummigaloschen laufen ist, wie plötzlich Entenfüße haben 🙂
Schöner Beitrag! Das ist ja mal sehr ungewöhnlich für ein Schloss, aber irgendwie hat es auch was. Ich mag diese Gegensätze 🙂
Um ehrlich zu sein, war ich wirklich überrascht. Denn unter einem Schloss habe ich mir immer etwas vorgestellt, was in Richtung: König Ludwig und seine Märchenschlösser geht.
Aber gut, ich mag ja auch diese Gegensätze 🙂
Bei einer Übernachtung in einem Schloss ist doch Pomp und Schnickschnack zu erwarten. Ein Aufenthalt in einem Schloss habe ich mir fest vorgenommen, aber dann wohl nicht in Schloss Neuhardenberg… Man will sich ja wenigstens einmal im Leben wie eine Prinzessin fühlen, oder? 😉
Liebe Grüße
Maria
Da kann ich dir nur zustimmen. Wer suchwirklich wie eine Prinzessin fühlen möchte, der muss sich ein anderes Schloss suchen 🙂
Ich begebe mich bereits auf die Suche und lasse Dich wissen, wenn ich fündig werde.
Liebe Grüße
Katja