Faszinierendes Naturphänomen: Haareis – wenn weiße Haare im Wald wachsen
Flauschig weich lässt eine zauberhafte Erscheinung scheinbar totes Holz in faszinierender Optik erstrahlen. Relevant die seltenen Bedingungen, bevor Haareis, Eiswolle oder auch Eishaar entsteht.
Weiße Haare im Wald – Haareis
Ein bisschen wie vergessene Staubwedel oder Zuckerwatte muten bizarre Formationen auf toten Ästen an.
Ein Winterwunder in den Wäldern
Wenn die Temperaturen in den Wintermonaten knapp unter den Gefrierpunkt fallen, offenbart sich in unseren Wäldern ein seltenes Naturschauspiel: das Haareis. Dieses beeindruckende Phänomen, das an schimmernde Zuckerwatte erinnert, lässt sich besonders gut in Buchen- und Laubmischwäldern beobachten – vorausgesetzt, die Bedingungen sind optimal.
Die perfekten Bedingungen für Haareis
Damit sich Haareis bildet, müssen mehrere Faktoren zusammenkommen: Windstille, hohe Luftfeuchtigkeit und Temperaturen um den Gefrierpunkt. Diese spezifischen Bedingungen schaffen die ideale Grundlage für das außergewöhnliche Naturereignis. Schneefrei muss der Spaziergang durch den Laubwald sein um die bizarren Wattebäusche sehen zu können. Doch selbst dann ist es nur mit etwas Glück möglich, die filigranen Eiskunstwerke auf Totholz zu entdecken. Im ersten Moment denkt man an einen Pilz, trifft man auf die weißen Fäden oder Haare, der es sich auf altem Gehölz gemütlich gemacht hat. Ein Pilz ist bei der Entstehung von Eiswolle im Spiel, die haarigen Fäden allerdings sind pure Eiskristalle.
Die Entstehung des haarigen Eises
Die Struktur des Haareises ist einzigartig. Die feinen, weißen Fäden, die auf totem Holz stehen und hängen, wachsen nicht wie herkömmliche Eiszapfen an ihren Enden, sondern von der Basis her. Das Wasser im Holz gefriert an der Oberfläche, während darunter weiterhin Wasser nachdrückt. Dadurch entstehen die charakteristischen Eis-„Haare“, die zwischen 30 und 100 Millimeter lang und nur 0,02 Millimeter dünn sind. Zwei entscheidende Faktoren sind dafür verantwortlich, dass sich Eis aus dem Holz herausdrückt. Zum einen dehnt sich Eis mehr aus als Wasser. Zum anderen kommt es bei Temperaturen unter 4 °C dazu, dass sich Wasser erneut ausdehnt. Diese Ausdehnung findet an der Oberfläche den geringsten Widerstand, weshalb das Eis vor allem nach oben gedrückt wird.
Die filigranen, watteartigen Strukturen, die wir beobachten, entstehen in den verholzten Gefäßen der toten Äste. Dies erklärt, warum Haareis vor allem bei sehr feuchter Luft und Temperaturen um den Gefrierpunkt entsteht und nur für kurze Zeit sichtbar ist. In trockener Luft verdunstet das Wasser zu schnell, wodurch die Äste nicht ausreichend mit Feuchtigkeit gesättigt sind. Fällt die Temperatur hingegen zu schnell oder zu stark, gefriert das Holz vollständig, bevor sich die charakteristischen Strukturen bilden können.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass die Rinde der Äste sich gerade lösen oder noch nicht lange gelöst sein sollte. Es wird vermutet, dass die charakteristischen Locken und die manchmal verworrene Anordnung des Haareises durch kleine Luftströmungen während des Wachstumsprozesses entstehen. So ergibt sich ein faszinierendes Zusammenspiel von physikalischen und biologischen Faktoren, das die Schönheit dieses Naturphänomens erklärt.
Überraschenderweise wachsen diese Eishaare mit einer beeindruckenden Geschwindigkeit von fünf bis zehn Millimetern pro Stunde, solange ausreichend Wasser aus dem Holz nachfließt. Doch warum entsteht Haareis nur an wenigen alten Ästen und Baumstämmen? Auch wenn das winterliche, seltene Phänomen noch nicht vollständig erforscht ist, die wahrscheinlichste These ist ein Pilz, dessen Stoffwechselgase das Wasser gewissermaßen aus dem Holz schiebt. Dabei gefriert es und bildet weiße Fäden oder Haare.
Alfred Wegeners Entdeckung: Ein Pilz als Schlüssel
Bereits 1918 entdeckte der renommierte Geophysiker und Meteorologe Alfred Wegener das Phänomen des Haareises und vermutete, dass ein schimmelartiger Pilz an der Entstehung beteiligt sein könnte. Diese Hypothese wurde fast ein Jahrhundert später durch Forschungen in Deutschland und der Schweiz bestätigt. Wissenschaftler fanden heraus, dass der winteraktive Pilz Exidiopsis effusa mithilfe von Lignin-Abbauprodukten die Bildung großer Eiskristalle verhindert und somit den Prozess der Haareisbildung in Gang setzt. Das Haareis dürfte dem Baumpilz somit als eine Art Frostschutzmittel dienen. So gefriert das Wasser nicht im Ast, wo der Pilz wohnt, sondern außerhalb. Durch die Energie, die beim Vorgang des Gefrierens frei wird, wird der Ast zudem etwas wärmer als seine Umgebung.
Frostschutz für den Baum: Die Rolle des Haareises
Für den Baumpilz ist Haareis von entscheidender Bedeutung: Höchst wahrscheinlich fungiert es als eine Art Frostschutzmittel. Das Wasser friert außerhalb des Astes, in dem der Pilz wohnt. Durch die Energie, die beim Gefrieren frei wird, bleibt der Ast wärmer als seine Umgebungstemperatur. So bleibt das Wasser im Holz, wo der Pilz lebt, flüssig und gefriert nicht. Stattdessen bildet sich das Eis an der Oberfläche, wodurch die Überlebenschancen des Pilzes erhöht werden.
Ist Haareis giftig?
Meist schneller als man schauen kann, verschwinden die faszinierend hübschen Eiskristalle wieder. Giftig sind sie nicht, da es sich um Wasser handelt. Dieses wurde durch Stoffwechselgase an die Astoberfläche gebracht, gibt es einen Grund diese essen zu wollen? Vom Ast entfernen lassen sich die fragilen Strukturen nicht. Mehr als ein guter Grund dieses beeindruckende Naturschauspiel einfach nur zu betrachten ohne es zu berühren.
Fazit: Haareis – Ein winterliches Spektakel der Natur
Das Haareis ist nicht nur ein ästhetisches Winterwunder, sondern auch ein faszinierendes Beispiel für die komplexen Wechselwirkungen in der Natur. Wer sich auf die Suche nach diesem seltenen Phänomen begibt, wird nicht nur von seiner Schönheit verzaubert sein, sondern auch von den geheimnisvollen Prozessen, die hinter seinem Entstehen stehen. Ein Spaziergang durch winterliche, unverschneite Wälder zur richtigen Zeit kann zu einem unvergesslichen Erlebnis werden. Die besonderen Bedingungen, die für die Entstehung von Haareis nötig sind, erklären verständlich, warum es Haareis im Sommer nicht geben kann.
Noch nie gesehen und auch noch nie etwas von Haareis gehört.
Das ist sooo schön und danke für deine super Erklärung zu diesem schönen Winterphänomen.
Ich war auch sehr fasziniert und musste den weißen Fäden im Wald auf die Spur kommen 🙂
Freut mich, wenn die Erklärung schlüssig war.
LG Katja
Oh, wow! War füher als Kind zu jeder Jahreszeit viel im Wald unterwegs, aber ich kann mich nicht erinnern, jemals Haareis gesehen zu haben. Aber es sieht richtig schön aus! Deine Erklärungen finde ich auch richtig toll!
Werde bei meinem nächsten Waldspaziergang im Winter (wann auch immer das sein mag), darauf achten und vielleicht sehe ich dieses Phänomen eines Tages ja mit eignen Augen!
Danke auf alle Fälle für diesen spannenden Beitrag!
LG,
Vici
Dafür ist es sicher viel zu selten 🙂
Jetzt kennst du zumindest die Anforderungen ohne die es nicht mal entstehen könnte.
Trotzdem bin ich mir sicher, Haareis wird eine echte Seltenheit bleiben und weiterhin mit seinen hübschen weißen Fäden auf Holz verzaubern.
Haareis? Noch nie habe ich davon gehört und erst recht nicht gesehen.
Hast du es selbst fotografiert?
Ja, die Bilder habe ich selbst gemacht.
Ich war völlig fasziniert von diesen zauberhaften Gebilden und musste mich erstmal schlau machen, was Haareis überhaupt ist.
Das sieht echt stark aus. Obwohl ich früher regelmäßig mit meinem Opa im Wald war, kann ich mich nicht erinnern so etwas wie Eishaar je selbst gesehen zu haben.
LG
Marie
Dafür ist es wahrscheinlich wirklich viel zu selten.
Ich bin auch sehr viel unterwegs und habe es erst zweimal entdeckt – dafür war ich davon aber völlig fasziniert.
Liebe Grüße, Katja
Oh wie schön! ich bin vor Jahren mal über ein Foto gestolpert, das Haareis zeigte, habe es aber noch nie in Natura gesehen! Vielleicht war es bei uns einfach nie windstill genug! Aber ich werde mal drauf achten, wenn die Wetterbedingungen hier wieder entsprechend sind! Danke für die spannenden Infos!
Liebe Grüße
Jana
Ich las einen Artikel, dass ein Forscher speziell beim Förster angefragt hat, der dieses Phänomen nicht kannte – trotz 40 Jahre Walderfahrung.
Somit, scheint es wirklich etwas Besonderes zu sein 🙂
Liebe Grüße, Katja
Liebe Katja,
ich habe noch nie Haareis gesehen noch wusste ich, dass es da überhaupt gibt. Beim Lesen habe ich nur gedacht: „Wie schade“. Ich würde das wirklich total gerne mal live sehen und dank deiner super Erklärung weiß ich nun auch, wie Haareis entsteht und das es nicht giftig ist. Sehr faszinierend was die Natur an Schauspiel spannendes zu bieten hat.
Liebe Grüße
Mo
Liebe Mo,
als ich es zum ersten mal sah, war ich auch ganz überrascht und musste mich umgehend schlau machen.
Es ist schon ein wirklich interessantes Bild, wenn Du plötzlich auf Eis im braunen Blätterwald triffst.
Liebe Grüße, Katja
Hi Katja,
Haareis hatte ich früher häufig beim Langlaufskifahren gesehen hatte aber immer gedacht dass es sich hierbei um vereiste Spinnenweben handelt. Finde es faszinierend was die Natur alles so erschafft und wie dieses wirklich entsteht!
LG
Stephan
Lieber Stephan,
bist du dir sicher, dass es beim Skifahren sichtbar war? Denn eigentlich ist es nicht da, wenn Schnee liegt.
Ich bin auch immer wieder begeistert, was die Natur erschaffen kann.
Liebe Grüße, Katja